Psychotrauma-Intensivtherapie:
Trauerarbeit durch Körperkontakt
Klaus Heinerth
Theoretische Annahmen
Das Erleben eines Traumas
führt ohne Behandlung nur in der Hälfte aller Fälle zu posttraumatischen
Belastungsstörungen (PTBS). Was immunisiert die andere Hälfte? Die Annahme
einer Resilienz ist die Benennung von Ressourcen, die Menschen gesund erhalten,
auch bei schwersten Traumata. Im anderen Fall kann eine fundamentale
Verletzbarkeit angenommen werden. Diese Vulnerabilität ist kaum bewusst, da die
ersten drei Lebensjahre nicht erinnerungsfähig sind. So können Frühe
Verletzungen aufgrund mangelhafter Bindungsprozesse (z.B. Borderline-Störungen)
die Identitäts- und Resilienz-Entwicklung schwer behindern. Die mangelhafte
Kommunikation von Empathie und eine nur ungenügend wahrgenommene Wertschätzung
in den ersten drei Lebensjahren führen zu Resilienzdefiziten,
die eine spätere Traumaverarbeitung erschweren. So
liegt es nahe, die Frühen Verletzungen aus den ersten Lebensjahren in den Fokus
zu nehmen.
Die psychotherapeutischen
Verfahren im Hintergrund beruhen auf den Theorien von Rogers, Casriel, Perls und Bowlby.
Zur Praxis
Die Behandlung von PTBS muss
daher die frühkindliche Defiziterfahrung einbeziehen. Als sehr wirkungsvoll hat
sich eine Intensivtherapie erwiesen, die innerhalb von 10 bis 20 Stunden an
einem Wochenende eine benigne Regression herstellt, über therapeutische
Empathie zur Vertrauen und Selbstempathie führt und gezielt Trauerarbeit
ermöglicht. Vertrauen und Sicherheit können
bei frühen Störungen nur durch Kommunikationsmittel, die auch in den
ersten drei Lebensjahren Träger der Verbundenheit waren, behandelt werden:
durch Köperkontakt, der Oxytocin freisetzt, und, wenn möglich, andere, über das Intellektuelle hinausgehende Bedürfnisbefriedigungen,
ermöglicht, und zwar „prompt und richtig“.
Diese Intensivierung ist
nötig, um längerfristiges und fundiertes Vertrauen zu schaffen. Dies geschieht
durch die benigne Regression, die allerdings kontrolliert werden muss, damit
sie nicht zu einer malignen wird, oder gar zu Stalking führt.
Belege
Die existentielle Wucht des
Prozesses zeigt sich in der Rückmeldung einer Klientin nach neun Stunden an
einem Wochenende (wörtlich, ohne Formalia), die nach
zweijähriger Analyse Alternativen suchte:
Lieber Herr
Heinerth,
Der Alltag hat mich
wieder, aber seit gestern ist einiges anders. Ich bin mir gar nicht so sicher,
dass ich meiner tiefen Dankbarkeit richtig Ausdruck verleihen konnte – danke
für Ihr Vertrauen, die vielen guten Worte, die Hingabe, Ihre Liebe, die Sie mir
geschenkt haben ! Ich selbst bin mit einer ganz anderen Erwartungshaltung zu
Ihnen gefahren, wäre schon dankbar für einen Händedruck oder eine Umarmung
gewesen – vielleicht war ich deshalb anfänglich nicht nur ängstlich, sondern
auch irritiert. Sie haben mir das gegeben, was ich mir nie getraut hätte zu
kommunizieren, auf diese besondere Art und Weise in den Armen gehalten zu
werden – wie habe ich mir das gewünscht und vermißt !
Ihre Erwartungen waren sehr hoch, das mit den Tränen haben wir nicht
hinbekommen – in den Stunden jedenfalls. Gestern abend
im Bett hat mich die Wucht der Erkenntnis, wie viel ich eigentlich brauche,
total übermannt, ich habe heftig geweint (und bin anscheinend sofort
eingeschlafen). Heute morgen,
beim gemeinsamen Frühstück habe ich meinen Mann gebeten, mich in die Arme zu
nehmen und der Tränenstrom wollte gar nicht mehr aufhören. Es war die
Erkenntnis „ich bin willkommen“, die ich in Ihren Armen nicht nur gehört
sondern auch wirklich und glaubhaft so empfunden, gespürt, erfahren habe!
Ich weiß nicht, wie Sie das gemacht haben, aber das ich sein darf, ist ein so
großes Geschenk für mich !
Vielleicht noch das,
in meinem Traum heute Nacht hat eine Gruppe Kinder über mich getuschelt, ich
stand etwas abseits, habe jedoch genau gehört, dass die Kinder sagten, ich sei
eine schöne Frau – ich muß selbst darüber lachen, was
so eine Therapie alles bewirkt…
Lieber Herr Heinert, Sie werden einen ganz festen Platz in meinem
Herzen einnehmen ! Ich wünsche Ihnen alles Liebe,
alles Gute – Sie sprachen auch ganz kurz von anderen Sorgen, ich hoffe, Sie
können diesen aus eigener Kraft begegnen und der Ausgang wird positiv sein.
Ich selbst werde
weiter an mir arbeiten, vielleicht mit mehr Nachdruck meiner Angst begegnen,
aber mit weniger Kampf. Mit der Hoffnung, dass ich das, was ich bei Ihnen
bekommen habe, sehr lange in mir behalten kann, mit der Überzeugung, daß „Alles seine Zeit hat…“ , mit der Geschichte um Marta
und dem Glauben, dass ich irgendwann für mich weiß, was Liebe ist, verbleibe
ich mit herzlichen Grüßen
Ihre …
Eine Woche später:
Lieber Herr Heinerth,
heute ist Muttertag und meine Gedanken sind
nicht nur bei meiner Mutter. In meinen Gedanken umarme ich Sie und gerade
laufen dicke Tränen über mein Gesicht. Seit einer Woche lebe ich in einer neuen
Gefühlswelt voller Dankbarkeit, Traurigkeit, Sehnsucht und Glück, Schmerz und
Tränen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so präsente, mich nährende
Mutter gehabt zu haben, aber es war viel mehr… Ich fühle mich auch als Frau gestärkter
und wohler!
Einen schönen Muttertag für Sie !
Ihre …
6 Wochen später:
Lieber Herr Heinerth,
über Ihre Neugier freue ich mich. Ich
antworte Ihnen gerne und hätte es am liebsten längst schon wieder getan, aber
mir selbst schien es zu aufdringlich und möglicherweise zu viel für Sie.
Gerade in den letzten Tagen und besonders heute (ist das ein Zufall ?) habe ich sehr intensiv an Sie gedacht, voller
Dankbarkeit und Zuversicht. Die Stunden bei Ihnen haben etwas mit mir gemacht,
was nur schwer in Worte zu fassen ist. Ich bin wesentlich standfester geworden,
mehr geerdet und habe ein relativ stabiles Gefühl, auf dieser Welt willkommen
zu sein. Eine wiederum sehr schwere Zeit mit meiner Mutter habe ich so
gut wie noch nie überstanden, ich konnte mich erstmals abgrenzen, behaupten und
alles ohne autoaggressive Gedanken. Meine aufkommende Wut bereitet mir
moralische Probleme, aber mit solchen Gefühlen bin ich einfach noch nicht
geübt. Ich habe an Gewicht zugenommen, ein bisschen – auch ein Anfang. Meine tiefe
Traurigkeit spüre ich ab und zu - vielleicht mehr an der Oberfläche, aber
es bleibt schwierig. Die ersten Tränen taten richtig gut, nun habe ich mich
wieder ziemlich in die Arbeit gestürzt …
Ich bin so dankbar, dass ich bei Ihnen sein
durfte, dieses tiefe Gefühl des vertrauen können, des Angenommenseins
und der Geborgenheit machen mich zufriedener und mir wird wärmer ums
Herz. (….und es ist eine neue Sehnsucht entstanden ….)
In meinen Gedanken darf ich Sie drücken ? – wie gut, dass wir beide den Mut zu diesem
Abenteuer hatten !
Ich hoffe, dass es Ihnen gut geht, Sie neben
der Arbeit Zeit finden, die warmen Tage mit dem Vogelgezwitscher, den Katzen,
Rehen und dem satten Grün in Schrobenhausen zu genießen.
Alles Liebe
Ihre
…
Zweites Weihnachten
später:
23.12.2012
… Nun freue ich mich auf ein paar erholsame Tage mit
der Familie, Kerzenschein und schöne Musik. Ich werde dankbar an Sie denken und
bei der Erinnerung an die innige Umarmung und das Gehaltenwerden wird mir warm
ums Herz. So viel Geborgenheit, Vertrauen und fühlbare Liebe! Ich zehre davon,
Meine Augen werden feucht vor Glück und Traurigkeit.
Lieber Herr Heinerth, alles Liebe, alles Gute für Sie.
Ich umarme Sie fest und fühle mich verbunden,
in großer Dankbarkeit Ihre
Eine andere Klientin:
Lieber Herr Heinerth,
ich merke derzeit, dass ich gerne nochmal für ein Wochenende zu Ihnen kommen
würde, um das Ganze weiter zu vertiefen, weiter an Gefühle ran zu kommen...
..verspüre derzeit auch zunehmende Wut über das
übliche Therapieangebot. Warum immer nur Reden, wenn es ganz andere Dinge sind,
die ich brauche?/ die man mir all die Jahre genauso gut hätte geben können../ mir vorenthalten/ mich im Unwissen gelassen hat.. warum haben die anderen Therapeuten nie gesehen, was ich
genau brauche?/ was mein Problem ist? Obwohl ich doch immer gesagt habe, was
alles gefehlt hat.. gut, die Mainzer Klinik hat da
auch schon sehr viel mehr in der Richtung erkannt und mir ja erstmals überhaupt
mehr wieder meine Bedürfnisse deutlich gemacht, aber trotzdem.. warum all die
ambulanten Therapeuten nicht?? Dann wird man als jemand abgestempelt, der sich
gut, gewählt ausdrücken kann, dem es doch gar nicht so schlecht gehen kann,
aber das man selber in dem Rahmen überhaupt gar nicht an die riesigen Gefühle
kommt, die dahinter stehen, dass man gefühlt eigentlich gar nicht anwesend ist,
dass man unfähig ist, sein Ich rüberzubringen, weil man nun mal nie
"runterkommen" konnte durch eine Umarmung o.ä., weil man auch
zu wenig die Gefühle spürt und zuzuordnen weiß, das sieht keiner und jedesmal geht man wieder frustriert und hilflos nach
Hause.. es ist ätzend!
Naja, ich bin nur unendlich froh, dass ich damals durch so einen Zufall Ihren
Artikel gefunden habe!! Als ich den gelesen hatte, wusste ich, Sie haben das
Problem genau erkannt und verstanden! Danke!!